Das Durchschnittsalter der SRF 1 Zuschauer liegt bei über 60 Jahren (Quelle: Tages-Anzeiger). Die Radio 24 Hörer sind durchschnittlich 47 Jahre alt, beim Jugend-Radio-Sender NRJ Zürich sind es 42 Jahre (Quelle: Mediapulse und NRJ). Ich (Generation Y, 38 Jahre alt) als Abonnent von verschiedensten Zeitungen dürfte das Durchschnittsalter von Bezahlzeitungen deutlich nach unten ziehen. Klassische Medienkanäle wie TV, Radio und Print verlieren bei der Generation Y (zwischen 1981 bis 1995 geboren) und Generation Z (nach 1995 geboren) an Bedeutung. Doch wie nutzen Junge die verschiedenen Medienkanäle und wie informieren sie sich? Anbei ein paar Facts der Mediennutzung der jungen Zielgruppe, zusammengetragen insbesondere aus dem Jahrbuch Qualität der Medien 2020 vom Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich.
50% der 16- bis 29-Jährigen zeigt geringes Interesse für Informationsmedien
Ingesamt nehmen die Old-World-Newsepetoires ab und die New-World-Newsrepertoires nehmen zu. Die grösste Nutzergruppe bildet die «News-Deprivierten» mit 37 Prozent. Für «News-Deprivierte» ist ein unterdurchschnittlicher Newskonsum über alle Medien hinweg typisch. Die Gruppe beinhaltet Personen, die sämtliche Medien unterdurchschnittlich zu Newszwecken nutzen. Wenn News konsumiert werden, dann über gratis verfügbare Online- oder Social-Media-Angebote. Klassische Printmedien falls als Newsquellen komplett weg.
Bei den 16- bis 29-Jährigen machen die «News-Deprivierten» rund die Hälfte aus. Das entspricht dem in internationalen Studien gemessenen Anteil der «News Avoiders» unter jungen Menschen. Diese Generation hat nur ein geringes Bewusstsein für qualitativ hochwertige News und ist kaum bereit, für diese zu bezahlen (Jahrbuch Qualität der Medien, 2020).
Digitale Kanäle werden im Medienmenü bei den Jungen immer wichtiger
Die digitalen Kanäle werden im Medienmenü der Schweizerinnen und Schweizer immer wichtiger. News-Sites sind für 35% der Schweizerinnen und Schweizer der Hauptinformationskanal. In der Schweiz ist das Fernsehen mit 29% die zweitwichtigste Quelle für News. Die Nutzungspräferenzen variieren stark zwischen den Altersgruppen. Online-Newssites werden mit 52% vor allem von den 25- bis 34-Jährigen und den 35- bis 44-Jährigen (45%) stark genutzt. TV hingegen gilt vorwiegend bei den älteren Zielgruppen als Hauptinformationsquelle. Auch die Presse wird öfter als Hauptinformationsquelle gebraucht, je älter die Schweizerinnen und Schweizer sind. Social Media hingegen sind für 34% der 18- bis 24-Jährigen die wichtigsten Informationsquellen (Jahrbuch Qualität der Medien, 2020).
Jede Generation hat ein unterschiedliches Mediennutzungsverhalten
Covid-19 hat den Medienkonsum im Frühjahr 2019 deutlich erhöht. Jedoch sind die Veränderung bei den einzelnen Medienkanäle je nach Generation sehr unterschiedlich. Beispielsweise konsumierten Menschen aus der Generation Z deutlich mehr Online-Videos (GWI Global Web Index, Coronavirus Research, 2020).
Audiovisuelle Social-Media-Plattformen die Gewinner bei den Jungen
Bei den 20- bis 25-Jährigen werden insbesondere die audiovisuellen Social-Media-Plattformen wie Instagram, YouTube, Spotify und WhatsApp regelmässig genutzt. YouTube überzeugt aufgrund der Kombination von Information und Unterhaltung. Instagram dient dazu, sowohl Lifestyle-Beiträge zu konsumieren als auch sich mit Freunden zu vernetzen. WhatsApp ist die Plattform für den Austausch mit Familie und Freunden. Google dient als primäre Informationsquelle bei den Jungen. Die Audioplattformn Spotify ersetzt mehr und mehr das klassische Radio und wird auch für das Hören von Podcasts genutzt. Die klassischen Nachrichtenkanäle TV, Radio und Print werden von den Jungen seltener genutzt und liegen auf dem äusseren Nutzungskreis (Jahrbuch Qualität der Medien, 2020).
Nutzungshäufigkeit ist ungleich Glaubwürdigkeit
Ein gänzlich anderes Bild als bei der Nutzungshäufigkeit zeigt sich bei der Glaubwürdigkeit der Medienkanäle. Trotz der geringen Nutzungshäufigkeit werden die traditionellen Medienkanäle TV, Radio und Print als besonders glaubwürdig erachtet. Google wird ebenso als glaubwürdig eingeschätzt, weil die Nutzer bei Google selber entscheiden können, welche Quellen der vorgeschlagenen Treffer sie verwenden. Die Social-Media-Plattformen werden bei den Jungen als wenig glaubwürdig eingeschätzt, da jeder und jede auf Social Media Inhalte verbreiten kann, darunter auch desinformative Beiträge wie Fake News oder Verschwörungstheorien. Social Media werden auch als «Scheinwelt» angesehen, in der die eigene Selbstdarstellung eine wichtige Rolle spielt (Jahrbuch Qualität der Medien, 2020).
Smartphone - Das digitale Lagerfeuer der Jungen
Für die Jungen ist das Smartphone das «digitale Lagerfeuer», da darüber ein wesentlicher Teil des sozialen Austauschs und der Informationsweitergabe stattfindet. Der Newskonsum der Jungen findet häufig «zufällig» statt, beispielsweise durch das Scrollen durch den News-Feed oder Stories von Instagram. Eine wesentliche Rolle bei der Informationsbeschaffung nimmt dabei das soziale Netzwerk ein. Auf viele Nachrichten wird die junge Zielgruppe erst aufmerksam, wenn Freunde einen Beitrag darüber teilen oder sie sogar in einem Beitrag markieren. Eine Markenbindung wird dadurch immer schwieriger (Jahrbuch Qualität der Medien, 2020).
Der emergente Medienkonsum der Jungen ist bedeutend
Der Medienkonsum der Jungen wird emergenter. Darunter verstehen man eine Abkehr vom gebündelten, markengestützten Medienkonsum. Nutzer steuern demnach nicht mehr konkrete Medientitel an, sonderm rezipieren auf Social-Media-Plattformen oder anderen digitalen Plattformen ihr persönliches Nachrichtenbündel.
Über alle Alterssegemente konsumieren 26% der Schweizerinnen und Schweizer News emergent. Bei den 18- bis 24-Jàhrigen und den 25- bis 34-Jährigen ist das emergente Medienkonsummuster am stärksten ausgeprägt. 36% der jüngsten Zielgruppe und 37% der 25- bis 34-Jährigen konsumieren News überwiegend emergent (Jahrbuch Qualität der Medien, 2020).
International ist der emergente Medienkonsum noch ausgeprägter vorhanden. Über alle Alterssegmente erfolgt der Medienkonsum bei 72% über einen «Side Door Access», bei der Generation Z sogar 84% (Reuters Digital News Report, 2020).
Persönliche Betroffenheit der Jungen
Die 20- bis 25-Jährigen informieren sich kaum über Themen, die nicht den persönlichen Interessen entsprechen. Themen, mit den sich die Jungen identifizieren können, sind durchaus Teil der individuellen Themenagenden. Dies zeigt sich beispielsweise an Bewegungen wie «Fridays for Future» oder Frauenstreik 2019. Es handelt sich dabei um Themen, die junge Menschen aktivieren, ihre Wertvorstellung widerspiegeln und sie auf einer emotionalen Ebene ansprechen. Themen, die junge Menschen direkt betreffen, animieren zum entsprechenden Nachrichtenkonsum (Jahrbuch Qualität der Medien, 2020).
So hat beispielsweise auch das Thema «Black Lives Matter» bei 20 Minuten den Jungen sehr gut funktioniert. Das Social Media Team von 20 Minuten hat insgesamt 25 Posts zu diesem Thema verfasst, welche allesamt auf grosse Resonanz gestossen sind.
Die neusten Fakten aus dem Jahrbuch Qualität der Medien zeigen deutlich auf, dass Medienunternehmen mit der digitalen Generation anders kommunizieren müssen als mit mit den «Baby-Boomers». Aus meiner Sicht muss man sich als Medienmanager folgende zwei Themenschwerpunkte angehen:
1. Distribution: Auf welchen Kanälen / Plattformen distribuiere ich meine Inhalte, so dass ich auch eine junge Zielgruppe erreichen kann?
2. Storytelling: Wie erzähle ich für die junge Zielgruppe Inhalte?
Sehr gerne würde ich im 2025 folgende Schlagzeile lesen: «Die Anzahl der News-Deprivierten hat sich halbiert.» Dafür setze ich mich ein. Dafür kämpfe ich.
Spannende Literaturhinweise:
- Jahrbuch Qualität der Medien 2020
- Reuters Digital News Report 2020
- Youth and the Digital Economy: Exploring Youth Practices, Motivations, Skilss, Pathways, and Value Creation (Harvard)
- Digital 2020: Global Digital Overview (We are Social)
Spannende Generation-Z-Experten aus der Schweiz:
- Yannick Blättler von Neoviso
- Yael Meier und Jo Dietrich von ZEAM
- Roger Hämmerli und Leo Wehrli von Andy Was Right
- Fabio Emch von Jim & Jim
- Manuel Stocker, Anja Zobrist und Noah Zygmont von 20 Minuten